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Land und Leute

Schreiben mit Stil

Ein exaktes Auge, eine ruhige Hand und einen Faible fürs Filigrane – in der Galvanik prüfen Mitarbeitende jede Feder einzeln auf Qualität.
Fotos (6): Cleo Skribent

Golden schimmert die Feder, als sie über das Papier gleitet. Für die Kladde eines künftigen Bestsellers, der auf der Leipziger Buchmesser vorgestellt wird. Für Mitschriften von Journalisten oder Studierenden. Autoren und Handschrift-Liebhaber weltweit schreiben mit Füllfederhaltern und Kugelschreibern aus der Werkstatt von „Cleo Skribent“ in Bad Wilsnack. Und das Unternehmen aus der Prignitz schreibt mittlerweile 80 Jahre Firmen- und Familiengeschichte.

An der Schwabbel werden die exklusiven Hüllen der Schreibgeräte gefertigt.

Anja Weber und Mathias Weiß führen das Unternehmen in 2. Generation.

Alles begann unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg in einer Berliner Hinterhofgarage. Der Feinmechanikermeister Herbert Wurach fertigt mit einfachen Mitteln und viel Geschick die erste Kollektion der Schreibgeräte „CleoPatra“. Kurz: Cleo. Unterdessen kurbelten Erfindungen wie der Kugelschreiber die Konsumfreude nach Ende des Zweiten Weltkrieges an. Doch in der damaligen DDR wurde das Unternehmen „Herbert Wurach Feinmechanik“ mit 24 Mitarbeitern zum Staatseigentum. 1964 kam das Tuschezeichengerät „Skribent“ für technische Zeichnungen auf den Markt. Es wurde millionenfach im gesamten ehemaligen Ostblock vertrieben.

Das Ende der DDR veränderte alles. Der Markt brach in Teilen weg. Die Belegschaft schrumpfte. Doch die Fertigkeiten und Erfahrungen sicherten die Marke. Die Wende gelang: Nach mehr als 30 Jahren war „Cleo“ wieder inhabergeführt – von Wolfgang Weiß und Peter Winter.

„Während wir Teenager waren, überwand unser Vater Wolfgang Weiß mit Mut und Tatendrang zahlreiche Hindernisse“, erzählen Anja Weber und Mathias Weiß. Sie führen das Unternehmen seit 2014 in zweiter Generation. Ihr Vater und ehemaliger Produktionsleiter von „Cleo“ hatte den Betrieb von der Treuhand mit überalterten Gebäuden und Maschinen übernommen.

Handgefertigte Erfolge

„Vater setzte wieder auf klassische Schreibgeräte und edle Materialien wie Goldfedern mit 14 oder 18 Karat“, sagt Anja Weber. „Es wurde zwar immer weniger geschrieben, dafür fanden sich immer mehr Liebhaber.“

Heute exportiert „Cleo Skribent“ in die ganze Welt – etwa nach Korea, Japan, Indien, die Türkei und die USA. „Unsere handgefertigten Schreibgeräte trotzen der Digitalisierung. Selbst YouTuber und Blogger bevorzugen die Haptik eines Füllfederhalters“, sagt Mathias Weiß.

Nachhaltige Werte

Besondere Materialien wie echte Hölzer oder kautschukartiges Ebonit ziehen Interessierte auf Messen wie der „Ambiente“ in Frankfurt am Main an den Stand von „Cleo Skribent“. Zum 80. Jubiläum gibt es eine limitierte Edition.

Das Team gleicht einer Familie. Fast alle Fachkräfte lernten ihr Handwerk bei „Cleo“ – vom Dreher bis zum Fräser. Viele Mitarbeitende sind seit Jahren dabei, vom Werkzeugbau bis zur Galvanik. Materialreste wie Messing werden recycelt und dem Hersteller zurückgeführt.

In einer Welt voller Touchscreens und Tastaturen halten Anja Weber und Mathias Weiß mit ihrem Team das geschriebene Wort lebendig. Jeder Füllhalter, der Bad Wilsnack verlässt, bringt regionale Geschichte bis in die Notizbücher von Schriftstellern, Denkern und Gestaltern rund um den Globus.

In der Galvanik bekommen die Federn in Handarbeit ihren individuellen Cleo-Skribent-Look.

Damals wie heute stellt sich Cleo Skribent auf Messen vor. Hier entstehen Kundenkontakte in die ganze Welt.

Tradition mit Tinte

Der Berliner Feinmechanikermeister Herbert Wurach gründete 1945 das Unternehmen in einer Hinterhofwerkstatt und stellte unter dem Namen „CleoPatra“ erste Füllfederhalter her. Der Name „Cleo“ blieb. In den 1950er-Jahren vergrößerte sich die Firma, bis 1956 die Verstaatlichung in der DDR erfolgte. In den 1960er-Jahren entwickelte „Cleo“ das Tuschezeichengerät „Skribent“ für technische Zeichnungen. Millionenfach im gesamten Ostblock verkauft.

In diesem Jahr feierte das Unternehmen sein 80. Jubiläum.

Dann kam die deutsche Wiedervereinigung. Nach der Wende übernahm der damalige Produktionsleiter Wolfgang Weiß den Betrieb von der Treuhand – trotz Investitionsstau und veralteter Maschinen. Während Computer die technischen Zeichenhilfen ablösen, setzte Winter auf klassische Schreibgeräte mit edlen Materialien wie Edelholz, Ebonit und Goldfedern.

Heute führen seine Kinder Anja Weber und Mathias Weiß das Unternehmen in zweiter Generation. „Cleo Skribent“ produziert in einer alten Wassermühle in Bad Wilsnack und liefert von dort in alle Welt: nach Korea, Indien, die USA oder in die Türkei.

Von Juliane Fuchs, Redakteurin der SWZ