Maren und Christian Jende inmitten ihrer alten Webmaschinen.
Foto: Tudyka PR
Posamenten-Manufaktur Jende
Ein königliches Handwerk
Die Pracht vieler Schlösser und Theatersäle liegt im Detail: Aufwändig gefertigte Quasten halten den edlen Samtvorhang, zarte Borten zieren feingeschnitzte Stühle, handgemachte Taue tragen glitzernde Lüster, seidige Fransen schmücken Fenster. Es gibt nur noch drei Manufakturen in Deutschland, die solche textilen Schmuckstücke anfertigen. Eine davon arbeitet in Forst.
Dünne und dicke Seile aus feinen Garnen entstehen hier.
Foto: SPREE-PR/Krone
Traditionsreiche Firma gerettet
Im Frühjahr 2013 fährt Raumausstatter Christian Jende in die Manufaktur, die ursprünglich der Berliner Familie Wagler gehörte und 2006 von engagierten Forstern übernommen wurde, um seine speziell angefertigten Raffhalter abzuholen. „Wir sind insolvent“, erzählte ihm eine der damaligen Mitarbeiterinnen. Die Nachricht stellt das Leben der Jendes auf den Kopf. In Christians Geburtsstadt, die wegen seiner vielen Tuchfabriken einst das Manchester des Ostens genannt wurde, stehen die alten Textilmaschinen. „Ich war schon als Kind von diesem Handwerk fasziniert. Deshalb bin ich Raumausstatter geworden. Es in meiner Heimatstadt zu erhalten, das reizte mich.“ Maren Jende lässt sich von der Begeisterung ihres Mannes anstecken. Das Ehepaar übernimmt das Unternehmen, zieht später sogar von Potsdam nach Forst und produziert seitdem kunstvolle Posamenten wie Borten, Schnüre und Quasten. Eine der vier Mitarbeiterinnen, Maria Kathen, führt durch das lebende Museum. „Kommt mit“, lädt sie ein.
Forst hat jetzt auch eine Reeperbahn
Quer durch einen Raum ist ein weiß-grauer Faden gespannt, der an einem Ende von einem Motor gedreht wird. Langsam wickelt sich goldgelbes Viskosegarn um das dünne Seil. „Willkommen auf unserer Reeperbahn“, schmunzelt Maria Kathen. „Hier werden Biesen zu unterschiedlichsten Kordeln verdreht, aber auch dicke Seile für Absperrungen oder als Handlaufseil. Reep ist eine alte, niedersächsische Bezeichnung für Schiffstaue. Für deren Herstellung wird eine gerade Bahn benötigt, die Reeperbahn. Unsere ist nur 15 Meter lang, die in Hamburg dagegen war fast 400 Meter.“ Mit diesem Handrad werden aber zum Beispiel auch die Schnüre für die kunstvollen Quasten hergestellt, die dann im Handarbeitsbereich auf Holzrohlinge gewickelt und mit Zierfäden und Fransen verschönert werden.
Maria Kathen wickelt ein Seil in der Reeperbahn.
Foto: SPREE-PR/Krone
Quasten in allen Farben und Mustern werden in Forst produziert.
Foto: SPREE-PR/Krone
Quasten für Kristallleuchter
„Im ,Kleinen Ballsaal‘ des Dresdener Residenzschlosses hängen die prunkvollen Kristallleuchter an Quasten aus unserer Manufaktur“, erzählt Unternehmerin Maren Jende stolz. „Auch für das Schloss Branitz haben wir die Posamenten nach historischen Vorlagen hergestellt.“ Natürlich gibt es längst Hersteller in Fernost, die zumindest einen Teil des textilen Schmucks mit vollautomatischen Maschinen viel billiger für den Massenbedarf herstellen. „Aber originalgetreue Nachbildungen von historischen Einzelstücken, ungewöhnliche Borten, die farblich genau zu den Stoffen passen, solche oder andere Sonderwünsche können nur in Handarbeit hergestellt werden. Manchmal haben wir als Vorlage nur ein vergilbtes Foto, müssen uns dann mit den Trends vergangener Stilepochen beschäftigen. Gerade das macht den Reiz unserer Arbeit aus.“ Der ungewöhnlichste Auftrag der Manufaktur Jende: zwei 1,25 Meter große Quasten mit 80 Zentimeter langen Fransen. „Es macht Spaß, schöne Dinge aus hochwertigen Materialien zu produzieren, die vielen Menschen Freude machen“, sagt Christian Jende.